Der Rösenbecker Schützenfest-HAHN
Wenn die Blasmusik aufspielt, das Dorf herausgeputzt ist und mit Fahnen festlich geschmückt wird, ja dann ist Schützenfest, das Hochfest eines jeden Dorfes. Neben den traditionellen Umzügen, Tanz und Geselligkeit hat der Schützenkönig für ein Jahr sein Fest! Montags geht es dann zur Vogelstange, wo das Vogelschießen stattfindet. Aber im Gegensatz zu vielen unserer Nachbarortschaften hängt in Rösenbeck an – auf oder auch im Kugelfang kein Adler, sondern ein Hahnenvogel! Diese Besonderheit am Rösenbecker Schützenfestmontag auf einen Hahn zu schießen, macht allein nicht nur unser Schützenfest zu etwas Besonderem. Aber wie kommen wir zu dem Hahn?
Wollen wir als erstes zu dem Brauch des Vogelschießens kommen.
Wie ist das Vogelschießen historisch belegt?
Entstanden ist der Brauch in Mitteleuropa im Mittelalter, als größere Teile der männlichen Stadtbevölkerung im Rahmen ihrer Wehrpflicht noch zur Verteidigung der Stadt herangezogen wurden und das Schießen üben mussten. In Deutschland liegen hier auch die historischen Wurzeln der Bürgerwehren, die im Zuge der Märzrevolution 1848 eine neue politische Bedeutung erlangten. Als bürgerlicher Männersport und männliches Freizeitvergnügen wurde das Vogelschießen im frühen 19. Jahrhundert populär. Es diente dazu, soziale Kontakte innerhalb beruflicher und gesellschaftlicher Zirkel und in Gruppen unter seinesgleichen festlich zu pflegen. Dass die Nachfolger der Bürgervereine, also die Schützenvereine, hieraus das Hochfest des Jahres für die Ortschaften schufen, macht Sinn. Der Adler, auf den früher mit Armbrust, Pfeil und Bogen oder während der Nachkriegszeit, als nicht mit Gewehren geschossen werden durfte, auch mit Holzkeulen geworfen wurde, besteht aus verschiedenen Einzelteilen. (Quelle Wikipedia)
So könnte es auch mit einem Adler gehandhabt werden.
Reichsapfel, Zepter und Krone sind die Insignien des Adlervogels. Die drei Schützen, die diese Insignien abschießen sind die drei Prinzen und zwar der Kronprinz (Er vertritt in den meisten Vereinen den König, sollte der an einem Termin mal krank sein), den Zepterprinz und den Apfelprinz. In der Regel haben die letzten beiden aber keine wirkliche Extrarolle. Am Ende des Vogelschießens bekommen sie alle noch einen Orden und dann geht ihre Amtszeit mit dem Zapfenstreich des Königs zu Ende. Das Zepter geht eigentlich nie an den König. Der König bekommt als Trophäe entweder das letzte Stück (meistens den Corpus des Vogels) oder einen der beiden Flügel. Das hängt aber von den jeweiligen Vereinen ab.
In Frankreich, so sagt die Überlieferung, wurde schon im 17. Jahrhundert auf hölzerne Papageienvögel mit Pfeil und Bogen geschossen. Nun, dieser kleine Exkurs zeigt, wie es in anderen Ortschaften und Ländern gehandhabt wird, aber bei uns eben nicht!
Der Adler – König der Lüfte, ein Symbol für die Sonne, die Lebenskraft, die obersten Gottheit aber auch Freiheit, Kraft, Kühnheit und Scharfblick. Er steht ebenso für Tapferkeit und Perfektion.
Da fast alle anderen Ortschaften einen Holz-Adler als Schützenvogel haben, wurde und wird über den Rösenbecker Hahnenvogel öfter despektierlich geredet. Nicht wenige Arbeitskollegen empfingen die Rösenbecker in der Schützenfestwoche mit einem „Kikeriki“ am Arbeitsplatz, was bei empfindlichen Personen nicht sooo gut ankam. Streit war dann vorprogrammiert und die Reaktion war oft sehr ungehalten auf diese Herausforderung. Der Name Hahn ist die Übernahme aus dem mittelhochdeutsch han(e) („Hahn“) und bedeutet: ein stolzer, streitlustiger Mensch. Sieh mal an!
Heute freuen wir uns über die Einmaligkeit unseres Schützenfestes in unserem Ort. Andere Ortschaften hätten auch gern die ausgeprägte und überragende Feststimmung unseres Schützenfestes, besonders am Schützenfestmontag!
Auch im Jahre 1932 wurde in dem Protokoll anlässlich der 75-jährigen Jubelfeier von einem Schützenvogel geschrieben, der mit wehenden Bändern zur Vogelstange hinausgetragen wurde. Es scheint, dies war ein Hahn.
Wie kommen wir also in Rösenbeck zu einem Hahn auf der Vogelstange und dem Hahnenfest und hat dies etwas mit der Einmaligkeit unseres Schützenfestes zu tun?
Trotz Recherche der Schützenvereinsprotokolle ab 1857 steht in keinem dieser explizit, dass Rösenbeck einen Schützenfesthahn auf der Vogelstange hat. Geschrieben wird immer von einem Vogel aber nicht von einem Adler. Aus diesem Grund ist es für mich wahrscheinlich, dass von Anfang an auf einen Holzhahn geschossen wurde.
Was aber macht einen Hahn so besonders?
Wenn wir uns der Ortschaft nähern, sehen wir als erstes den Kirchturm mit seinem Wetterhahn. Der Wetterhahn schmückt seine Spitze und zeigt uns, aus welcher Richtung der Wind weht. Auch der Wasserhahn erfüllt seine Aufgabe und spendet uns das lebensnotwendige Nass.
Der Hahnvogel aber als solcher, steht für Kampflust und Kampfbereitschaft, auch der Wachsamkeit und des Sonnenaufgangs. Er hat aber von Natur aus die Aufgaben, die Hühner zu beschützen und vor Feinden, sowohl aus der Luft (Raubvögel) als auch ebenerdig (z.B. Fuchs und Waschbär), zu warnen. Der Hahn empfängt den nahenden Morgen mit lauten Krähen, welches nicht jeder gern hört in der Nachbarschaft. Seine Hauptaufgabe dürfte jedoch sein, sich um die Fortpflanzung der Art zu kümmern. Da er in einem Harem lebt, ist er für bis zu 15 Hennen bei der Befruchtung zuständig, aber auch dafür, dass es weniger Streitigkeiten und Rangeleien unter den Hennen gibt (Hackordnung).
Die Symbolik des Tieres ist in die Religion zu übertragen: Der Hahn ist der erste, der das Ende der Nacht ankündigt – so wie Jesus Christus die Dunkelheit des Todes besiegt hat. Der Hahn weckt die Menschen aus dem Schlaf, Christus erweckt zum ewigen Leben. Ebenso wird in der Bibel Bezug zum Hahn genommen unter Markus 14. 70 - 72. So steht geschrieben, dass der Hahn zwei Mal krähte als Petrus Jesus vor dessen Tod dreimal verleugnete.
Hühner und Hähne gab es früher fast in jedem Haus. Da die Familien kleine Landwirtschaftsbetriebe waren, sich selbst versorgen mussten und nur das Nötigste zugekauft wurde. Die Recherche zeigt, dass es in Rösenbeck auch eine/n Hühnerhof/Hühnerfarm gegeben hat. An der Winterseite, östlich vom jetzigen Hof Menne, hat dieses Gebäude gestanden. Wie viele Tiere gezüchtet und gehalten wurden, lässt sich heute nicht mehr sagen. Aber es wird überliefert, dass nach den langen Wintermonaten die Glucken (weibliche Hühner) ihre Eier ausbrüteten. Es folgte das Heranwachsen der Küken. Heute werden in den Zuchtfarmen die männlichen Küken kurz nach dem Schlüpfen getötet, da es unökonomisch ist, sie groß zu ziehen. Hoffentlich wird diese Praxis bald dem Vergangenen angehören. Damals also wurden alle Küken großgezogen und im August waren die Tiere dann ausgewachsen. Da aber nur die Hennen/Glucken Eier legen und die Hähne an Gewicht nicht mehr zulegen, wurden diese geschlachtet. Zu Schützenfest erfolgte dann die Weiterverarbeitung der Hähnchen. Es gab Hühnersuppe – eigentlich war es Hähnchensuppe. Die Landbevölkerung, so auch in Rösenbeck, war sehr arm und Rind-, Schaf- und Schweinefleisch war viel zu wertvoll, um zu Schützenfest aufgebraucht zu werden.
Auch heute wird Schützenfestmontagsmorgens beim Schützenfrühstück noch immer die Hühnersuppe gereicht, ist als Grundlage für den ereignisreichen Montag nicht mehr wegzudenken und wird von den Schützen sehr geschätzt. Ist dies vielleicht der Grund, warum morgens beim Schützenfrühstück markige Sprüche und Gesänge zwischen den Sparclubs und Gruppen hin und her getönt werden? Auch die krähen…. ähh schmetternden Schlachtrufe der einzelnen Gruppen tragen zum Gelingen des Festes bei und werden von den Anwesenden des Öfteren beklatscht.
So, vielleicht bringt dies etwas Klarheit in die Frage, wie Rösenbeck zu seinem Hahnenfest gekommen ist.
Euer Ortheimatpfleger
Alois Kleff
Anekdote „Hühner von 1950“
Wie fast in jedem Haus, so hatte auch unser Nachbar gegenüber von unserm Garten Hühner, die frei auf der Straße liefen. Im Frühjahr, wenn die Gärten bestellt wurden, freuten sich die Hühner, weil der Boden so schön locker war und dazu gab es noch frischen Samen zum Fressen. Außerdem hatten sie in dem abgetrockneten Boden viel Platz zum Staub baden.
Meine Mutter ärgerte sich sehr und darum sprach sie die Nachbarin an: Sie möge doch besser auf ihre Hühner aufpassen. Sie antwortete: „Unsere Hühner gehen nicht in euren Garten." Mein Großvater hatte eine gute Idee. Er füllte einen Korb mit Eiern und sagte am Abend zu mir:" Junge, jez geste in den Houf un verdells de Eggere ungher de Hecke. Un moren middag hältst se wier rout ." Und so machte ich es auch. Als ich die Eier im Korb hatte, ging ich bewusst langsam an der Nachbarin vorbei. Sie sah die Eier und fragte: „Bö histe do Eggere her?" „Aus unserem Garten." Darauf sagte sie: „Datt sind usse Eggere." „Nein", sagte ich: „Eure Hühner gehen nicht in unseren Garten." und dann ging ich nach Hause. Sofort wurden die Hühner eingesperrt und wir waren zufrieden.
(Willibert Schlüter)